Innere Kind Arbeit
Wir tragen als Erwachsene alle ein mehr oder weniger verletztes Kind in
uns, dessen seelische Traumen unseren Charakter und unser Verhalten
geprägt haben. Wir sind entwicklungsmäßig auf der Stufe stehen
geblieben, wo wir diese Kindheitstraumen erfahren haben. Und so erklärt
es sich, dass Erwachsene aus den Gefühlsimpulsen eines Kindes heraus -
auch wenn dieses inzwischen an Jahren erwachsen wurde, agieren.
Tobsuchtsanfälle, das Gefühl von Verlassenwerden, es nicht schaffen zu
können, nichts anfangen und nichts beenden zu können, sich nicht gut
genug zu fühlen (um nur ein paar zu nennen), sind Glaubenssätze, die im
Zeitpunkt von Traumen in der Kindheit gesetzt wurden.
In
der Familie haben wir gelernt, uns selbst einzuschätzen, uns abzuwerten.
Wie kommt es dazu?
Zwei unreife Erwachsene (und das hat nichts mit Bildung zu tun), die ein
unbefriedigtes Kind in sich tragen, finden sich in meist sehr
symbiotischen Beziehungen und gründen eine Familie.
Sie bringen die Summe ihres ursprünglichen Familiensystems mit, d.h. sie
unterliegen dem Wiederholungszwang. Sie sind geprägt von "schwarzer
Pädagogik" und praktizieren jetzt an ihren Kindern die Sünden ihrer
Eltern, die ihnen schon selbst so wehgetan haben.
Da
wir alle selbst schon dem Schreien und Schlagen, den Strafen und
Ungerechtigkeiten hilflos ausgesetzt waren und uns eingebläut wurde,
dass das die richtige Art sei, Kindern Gehorsam und Respekt für
Erwachsene beizubringen, tun wir das jetzt auch weiter mit unseren
Kindern. Wir haben durch Verdrängen und durch Verleugnung vergessen, wie
weh das tut. Wir haben keine Realität dazu, wenn uns jetzt gesagt wird,
dass Misshandlungen jeder Art in der Kindheit das Selbstbewusstsein,
d.h. den Menschen zerstören.
Ich weiß, dass junge Eltern heute im Durchschnitt mehr über das
Funktionieren der menschlichen Psyche wissen als die Generationen vor
ihnen. Das kommt ihnen persönlich und vor allem ihren Kindern zugute.
Ich
möchte alle jene ansprechen, die bereits erkannt haben, dass es weder
ihnen noch ihren Kindern hilft, sich auf die bequeme Position
zurückzuziehen, dass die anderen schuld und sie ohnedies erstklassige
Menschen und Eltern sind oder waren.
Die Arbeit mit dem "Inneren Kind", d.h. der persönliche Reifungs- und
Entwicklungsprozess, dreht sich nicht darum, zu lernen, wie ich es jetzt
allen recht mache. Im Gegenteil. Es geht darum zu erkennen, was mit mir
los ist, welche Denk- und Glaubensmuster in mir vorhanden sind, meine
unbewussten Persönlichkeitsanteile bewusst zu machen. Es geht auch
darum, von meinem unbewältigten Gefühlsleben und seiner Eigendynamik
loszukommen, um endlich im Leben eine Wahl zu haben und nicht immer
getrieben zu sein.
Es
liegt an mir, meine persönliche Macht, die ich in meiner Kindheit an
meine Eltern abgegeben habe, für mich wieder in Anspruch zu nehmen: mein
Denken, mein Fühlen und mein Handeln.
Persönliche Macht haben heißt, Herr über sein eigenes Leben zu sein und
nicht ein Opfer und Produkt von Fremdbestimmung. Es geht darum, mich
endlich den sein zu lassen, der ich wirklich bin. Ja zu sagen zu meinen
Stärken und Schwächen, zu meinen Talenten und zu meinen Unfähigkeiten,
mich als ganzen Menschen wahrzunehmen und das Große und Schöne in mir zu
sehen, über jede Selbstabwertung hinaus.
Ein
Bewusstseins- und -entwicklungsprozess ist harte Arbeit, hinter dem ich
mit allem, was ich bin, stehen muss. Es gilt alle Ego-Verteidigungen und
Lebenslügen loszulassen, um zu meinem wahren Selbst zu finden. Es gilt,
alle Glaubenssätze und Denkmuster in Frage zu stellen und sie durch
solche zu ersetzen, die aus der existentiellen Erfahrung kommen, dass es
in mir Wahrheit, Schönheit, Großherzigkeit, Liebesfähigkeit gibt, die
nur verschüttet war.
Jeder, der diesen Weg - den königlichen Pfad der Selbsterkenntnis -
gegangen ist, hat eine reiche Ernte eingebracht. Das Wissen um mein
wahres Selbst bringt mich in Kontakt mit etwas, das größer ist als ich.
Ich nenne es GOTT. Aber es ist nicht wichtig, welchen Namen ich dafür
finde. Ein Mensch, der sich an die Urquelle des Lebens wieder
angeschlossen hat, hat jenen Heilbrunnen gefunden, der ihn befähigt, aus
diesem "Tal der Tränen" jene Weisheit und Lehren zu ziehen, die ihm dazu
verhelfen, ein IMAGO DEI zu sein. Das sind Menschen, die nicht auf ein
weiteres Leben hoffen müssen, um der Misere des derzeitigen zu
entkommen, sondern den Himmel auf Erden bringen, indem sie ihn leben, zu
ihrem Heil und zum Heil aller.
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